Der Ausflug zum Perito-Moreno Gletscher sollte zum aufregendsten Tag unserer ganzen Reise werden und das gleich aus zweierlei Hinsicht !
Leider zu spät, nämlich erst in Puerto Natales, wurde uns bewusst, dass wir , um den berühmten Gletscher zu sehen, die argentinische Grenze überqueren mussten. Die Pässe aber lagen friedlich im Schrank in Santiago und ob unser chilenischer Spezial-Ausweis den argentinischen Grenzern genügen würde, konnte uns niemand sagen. Nach ein paar aufgeregten Anrufen bei Freunden, die eventuell unsere Pässe holen und per Express hätten schicken müssen und einem Besuch in der örtlichen Polizeistation ( der chilenische Beamte, sehr freundlich, meinte, er könnte auf keinen Fall vorraussagen, wie die argentinischen Kollegen ragieren würden ), beschlossen wir, es einfach drauf ankommen zu lassen. Nicht ohne an die Horror-Geschichten zu denken, die uns Freunde erzählt hatten. Harmlose europäische Touristen wurden da grundlos an der Wiedereinreise !! nach Chile gehindert und mussten stundenlang und nächtens ausharren, bis die Grenzer endlich Erbarmen zeigten. Egal, jetzt waren wir hier und vielleicht hatten wir ja Glück ! Als erstes verschliefen wir mal gründlich. Um 6 Uhr klopfte es heftig an die Zimmertür " Der Bus ist da !" Super, so schnell waren wir noch nie aus dem Bett gestürzt, hatten uns in fliegender Hast angezogen, klettern atemlos und ohne Frühstück zu der Handvoll Touristen in den Bus. Nach 25 km dann die chilenische Grenze, an der, wie zu erwarten, alles völlig reibungslos lief, obwohl unser chilenischer Ausweis sich doch sehr von dem eines "Original"- Chilenen unterscheidet. Jetzt fuhren wir die nächsten 6km durch ödes Niemandsland und unsere Herzen begannen zu klopfen. Gleich würde es sich zeigen, ob wir hier zurückbleiben mussten. Die argentinische Grenze, ein winziges Häuschen mit Flaggenmast und dem bemalten Schild der Provinz "Santa Cruz", lag eingebettet in die endlose Pampa im Irgendwo. Wir stellten uns ans Ende der kleinen Schlange, vor uns alles Chilenen. Die zwei Beamten, ganz junge Kerle, schauten gewissenhaft jeden Ausweis an, blickten dann kurz in ihre antiken Monitore und nickten mit dem Kopf : "Der Nächste !" Ich setzte mein freundlichstes und unschuldigstes Lächeln auf, versuchte, mein "Buenos dias" möglichst akkzentfrei herauszubringen und hielt den Atem an. Ohne mit der Wimper zu zucken oder auch nur einen Sekundenbruchteil zu zögern, gab mir der Beamte den Ausweis zurück. Gerd hinter mir erging es genauso. Mühsam unterdrückten wir einen Freudenschrei......Das also war geschafft ! Die nächsten Stunden konnte ich meinen Blick nicht von der Landschaft abwenden, die hinter dem Fenster an mir vorbei zog. Unendliche Weiten bis zum Horizont, mal eben, mal sanft gewellt, alles in gelb-braunen Ockertönen, Viehherden in der Ferne, kein Baum, kein Strauch, kein Auto. Nur wir und die Strasse, die vor uns den Himmel zu berühren schien. Wolkenformationen, wie ich sie noch nie gesehen hatte. Kühne Figuren, wie mit dem Pinsel gemalt und getupft, Schleier, Bänder, in sich verschlungen, ein ständig wechselndes Schauspiel im Kontrast zur gleichförmigen Pampa. Je näher wir dem Nationalpark " Los Glaciares" kamen, desto schlechter wurde das Wetter und als wir am Ufer des riesigen Lago Argentina entlangfuhren, verdüsterte sich der Himmel und es begann zu regnen. Aus der Literatur wussten wir schon, dass der Perito-Moreno der einzige Gletscher weltweit war, der ständig wuchs und seine Besucher mit häufigen kleinen und grossen Kalbungen verwöhnte. Und tatsächlich, als wir uns diesen riesigen Eismassen näherten, hörten wir es schon krachen, knacken, knistern und grollen. Die bis zu 60 m hohen Abbruchwände schienen lebendig zu sein, da und dort, alle paar Minuten, lösten sich Eisbrocken. Ich hatte die Kamera natürlich immer im falschen Moment aus bzw. an, :) Um einen Grössenvergleich zu haben : Die im Film rechts schwimmenden weissen , kleinen Flecken entsprechen der Grösse eines Dampfers.....Und dann sahen wir tatsächlich eine grosse Ruptur, eine Säule, die wie ein Pfeil ins Wasser glitt und in einer riesigen runden Welle wieder hochschoss, bevor sie auf der Oberfläche zur Ruhe kam. Wenigstens auf dem Foto könnt ihr die tiefblaue , schimmernde Farbe erahnen, die in wenigen Sekunden zu türkis verblasst war. Das Ganze war begleitet von einem dumpfen Donnergrollen, ich werde diesen Ton nicht vergessen. Bei Sonnenuntergang passierten wir wieder die friedliche kleine Grenzstation, glücklich und erleichert.
Sonntag, 6. März 2011
Abonnieren
Kommentare zum Post (Atom)
Querida amiga,das war ja ein aufregendes Erlebnis.Richtig spannend wurde es je mehr ich las.Einfach tolle Fotos.Freue mich für Euch das ihr diese wunderschönen Landschaften geniessen konntet.Ist Balsam für die Seele.
AntwortenLöschenAbrazo
Tamy
Toll! Ich beneide euch...
AntwortenLöschen