Donnerstag, 27. Mai 2010

Patronato kreuz und quer :)






Den Stadtteil "Patronato" , direkt angrenzend an den Mercado Central, aber jenseits des Rio Mapocho, der jetzt nur noch ein trauriges Rinnsal darstellt, kannten wir noch nicht. Er wurde so ein bisschen als "Geheimtipp" gehandelt, vor allem die Einkaufsmöglichkeiten ( viele asiatische Geschäfte ) sollten legendär sein. Also machten wir, Jenny, Martina und ich, uns auf , dieses unbekannte Gebiet gründlich zu erforschen. Um es vorweg zu nehmen : Das, was wir eigentlich suchten, fanden wir nicht ! Dafür unendlich viele winzige Klamotten Shops und Stände, sardinengleich aufgereiht auf beiden Seiten der Patronato Strasse. Die Passanten und wir schoben uns als träge Masse zwischen den Läden dahin. Egal, ob Leggins, Schafwollsocken oder billige Jeans, alles wurde lautstark in chilenischem Singsang angepriesen. Es ging so gedrängt zu, dass ich nicht mal ein Foto machen konnte - es war einfach kein Platz vorhanden !
Plötzlich war Martina verschwunden......wir entdeckten sie an einem Stand, der Fleece-Mäntelchen für Hunde und Katzen verkaufte, in allen nur erdenklichen Designs . Dazu muß man wissen, dass die Santiaginos ihre geliebten Vierbeiner jetzt im Herbst NUR noch mit wärmender Kleidung ausführen, für uns ein urkomischer Anblick :) Martina kam freudestrahlend mit zwei Fleeceteilen für ihre beiden Katzenknaben zurück ! Auf unserer Suche entdeckten wir dann noch den grossen Gemüse-und Obstmarkt " La Vega", ein riesiges, sehr urtümliches Gelände, auf dem man sich um 50 Jahre zurückversetzt fühlt. Von dort machten wir einen Abstecher in die Hallen des Fleischmarktes, die wir recht schnell durchquerten, da der Geruch und Anblick der blutigen Fleischmassen sich sofort aufs Gemüt und den Magen legte.....danach war uns erstmal jeglicher Appetit vergangen.....
Eine Kaffeepause hatten wir und unsere Füsse aber doch redlich verdient! Danach traf ich mich mit Nico im Museo de Bellas Artes, Santiagos größtes Kunstmuseum. Der klassizistische Bau mit einer imposanten , lichtdurchfluteten Innenhalle zeigt, neben der Sammlung lateinamerikanischer Maler, viele Sonderausstellungen. Leider hatten wir nur noch eine Stunde Zeit , um die beeindruckende Fotosammlung über Santiago und ganz Chile , angefangen von 1860 bis ins 20. Jahrhundert zu besuchen. Ein historischer Ausflug in die Geschichte der Menschen, Städte und Landschaften, der einen guten Einblick in die rasanten Veränderungen bot, die dieses Land in den letzten knapp 200 Jahren durchmachte.

Sonntag, 16. Mai 2010

Schatten im Paradies.....





Jeder hatte uns gewarnt, aber natürlich dachten wir, das passiert allen anderen, nur nicht uns.......Und dann kam der 15. Mai . Wir freuten uns auf Philipp,mit dem wir uns, nach seiner Ankunft aus München, an der Plaza de Armas verabredet hatten. Unser erster Besuch aus Deutschland - das mußte natürlich mit einem zünftigen Completo gigante und einer cerveza gefeiert werden. Kurz vorher hatten wir die Charango gekauft ( südamerikanische "Zwerg-Gitarre" , einer Ukulele ähnlich ), die er sich gewünscht hatte und zwischen beiden war es Liebe auf den ersten Blick...äh Ton :) Die Ober zwinkerten anerkennend herüber, als Philipp in die Saiten griff. Er wollte noch diese Nacht mit dem Bus weiter nach Coronel reisen, um mit seinen chilenischen Freunden so bald wie möglich alle Hilfs- und Unterstützungsmaßnamen zu besprechen und die Verteilung der Spendengelder zu organisieren.
Um Zeit zu sparen und damit er seinen schweren Rucksack nicht die ganze Zeit schleppen mußte, brachten wir ihn am Abend mit unserem Auto in die Innenstadt, parkten an einer größeren Strassenkreuzung, an der wir schon öfters unser Auto abgestellt hatten und bummelten durch die belebten Gassen. Am Cerro Cristobal suchten wir uns ein ruhiges Plätzchen und genossen den Blick über die erleuchtete City. Dann wurde es Zeit, zurück zu gehen. Am Parkplatz angekommen, trauten wir unseren Augen nicht - das Auto war verschwunden ! Bis wir wirklich begriffen hatten, dass es nicht mehr da war, dauerte es ein Weilchen. Der Verstand wollte einfach nicht glauben, was wir sahen, oder besser NICHT sahen...
Mit einem Taxi fuhren wir zur nächstgelegenen Polizeistation. Dort stand unser tapferer weisser Peugeot mit eingeschlagenem Rückfenster, der Kofferraum gähnend leer. Mit Charango und Rucksack waren auch Philipps Kleidung, die Kreditkarten, Reiseschecks, Flugtickets, der Führerschein, das Handy , die Videokamera, ein Geldbeutel mit ca. 300 Euro Bargeld, Geschenke für die engsten Freunde, ja einfach alles verloren......
Wir waren offenbar beobachtet worden, als wir den wuchtigen Rucksack in unseren Kofferraum legten, anders kann es nicht sein, denn durch die Abdeckklappe sieht niemand, was sich dort befindet. Der Polizeistreife fiel dann wohl die völlig kaputte Scheibe auf und sie schleppte das Auto ab. Bevor wir nur irgendetwas zu Protokoll geben konnten, mussten wir erstmal die Abschleppgebühr bezahlen. Es erwies sich als Segen, dass Philipp perfekt chilenisch spricht und unser blaues Diplomaten- Nummernschild für dezente Aufregung sorgte, sonst sässen wir wahrscheinlich noch heute den sehr korrekten Beamten gegenüber. So konnten wir unser verletztes Auto mit nach Hause nehmen und Philipp per skype und Internet alle Karten und Schecks sperren lassen. Gottseidank war noch kein Geld abgehoben worden und die Hauptsumme schlummerte noch auf dem Münchner Konto. Todmüde fielen wir dann nach Mitternacht in die Betten und heute Mittag sass Philipp dann endlich im Bus Richtung Süden. Wir hatten also Glück im Unglück, es hätte weit schlimmer kommen können. Dennoch bleibt eine Traurigkeit, eine Enttäuschung.......

Montag, 3. Mai 2010

Mein erstes Rodeo !





Seit ich vor 6 Monaten nach Chile gekommen war, hatte ich mir gewünscht, ein Rodeo erleben zu können. Nun war es endlich so weit ! Und dazu mussten wir nicht mal aufs Land fahren - nein , gleich in unserem Nachbar - Stadtteil Las Condes fand am letzten Wochenende eine Rodeo Veranstaltung mit Dressur Prüfung statt. Zufällig hatten wir ein Plakat entdeckt und fanden das etwas versteckt liegende Gelände nach einigem Suchen Wir waren tatsächlich die einzigen "Nicht-Chilenen", die an diesem Tag den beliebten Natinalsport dort bewundern konnten ! Nach welchen komplizierten Regeln jedes Paar bewertet wurde, haben wir noch nicht vollständig eruieren können, aber die Aufgabe der beiden Huasos ( = chilenische Cowboys ) besteht darin, ein Kalb möglichst genau durch die halbmondartige Arena zu lenken und es an der dick abgepolsterten Rampe für einen Moment zum Liegen zu bringen. Dazu ist eine absolute Beherrschung der Pferde, eine blitzschnelle Reaktion, Mut ( die Kälber haben schon Hörner ! ) und nicht zuletzt Glück notwendig. Welche Reitkunst dahintersteckt, können wir erahnen, nachdem wir in der letzten Stunde schon stolz waren, unsere Schulpferde im Schritt ( ! ) dicht um eine verbeulte Metalltonne herum lenken zu können.......... einigermassen !
Das chilenische Rodeopferd ist eine seit Jahrhunderten speziell gezüchtete Rasse mit hohen Standards. Aufzäumung, Sattel und die geschnitzten Holzsteigbügel folgen alten Traditionen. Die Cabelleros tragen zu ihrer Tracht riesige, silberne Strahlen Sporen an den Stiefeln, die so mächtig sind, dass sie , von seinem Pferd abgestiegen, den Besitzer zwingen, einen leicht tänzelnden Gang anzunehmen. Dankbar für diese wirklich authentischen Darbietungen und beindruckt von der Gelassenheit und Unerschrockenheit der Pferde fuhren wir nach Hause.

Samstag, 1. Mai 2010

Faul am Tag der Arbeit !






Was macht man an einem sonnigen Herbsttag in Santiago, wenn dieser Tag der 1. Mai ist und, für uns völlig ungewohnt, ausser ein paar Restaurants alles, wirklich alles geschlossen hat ?
Wir entschieden uns für einen Spaziergang durch den Parque Padre Hurtado, ein beliebtes Ausflugsziel für Familien, Pärchen , Hundefreunde und Jugendliche. Pater Alberto Hurtado ( 1901 - 1952) wird in Chile sehr verehrt und ist aus dem täglichen Leben nicht wegzudenken. Strassen, Schulen und mehr sind nach diesem Jesuiten und Rechtsanwalt benannt, der eine Wohltätigkeitsorganisation für obdachlose Kinder und Jugendliche gründete. Im Jahr 2005 wurde er heilig gesprochen und die Chilenen sind seitdem noch stolzer auf ihren geliebten Padre. "Sein" Park hat uns doch sehr an den Englischen Garten erinnert : Weitläufig und natürlich wirkender, alter Baumbestand, dazwischen grosse Wiesenflächen, der kleine See mit Tretbooten, ein Amphitheater und sogar die Trommler fehlten nicht ! Typische chilenische Attribute sind die "Medialuna", so heißt die halbmondförmige Rodeo - Arena, die vielen putzigen Picknicktische mit angebautem Grill, heißbegehrt und von Großfamilien bevölkert und die kleine Eisenbahn mit nostalgischer Dampflok, die bimmelnd und fauchend über das Gelände fährt. Gerd überlegt sich gerade, ob er sich vom Geburtstagsgutschein Reitstiefel oder das Pferd kaufen soll.....